Baltisches Orgel Centrum (BOC)
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Orgelstadt Stralsund

Unter den Hansestädten des norddeutschen Kulturraumes ist Stralsund nach den verheerenden Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges die einzige Stadt, deren drei gotische Pfarrkirchen der historischen Altstadt, die inzwischen in die Weltkulturerbeliste der UNESCO aufgenommen wurde, noch über die historischen Orgelwerke verfügen. Es handelt sich um drei Instrumente, die sowohl hinsichtlich der Größe als auch in der handwerklichen und musikalischen Qualität zu den bedeutendsten Orgeln ihrer jeweiligen Bauzeit gerechnet werden müssen. Auf engstem geographischem Raum findet sich hier also ein Ensemble historischer Instrumente von herausragendem Denkmalwert, das der Pflege der europäischen Orgelkultur besondere Impulse geben wird.

Zwei der Orgeln, die Stellwagen-Orgel in der Marienkirche und die Buchholz-Orgel in der Nikolaikirche, konnten in den zurückliegenden Jahren vollständig restauriert werden. Für die kommenden Jahre ist die Wiederherstellung der Orgel in der Jakobikirche geplant.

Die Orgel der Marienkirche
wurde 1653-1659 von Friedrich Stellwagen aus Lübeck mit 51 Registern, verteilt auf drei Manuale und Pedal, erbaut.
Die Stellwagen-Orgel in St.Marien wurde in den Jahren 2004 bis 2008 vollständig restauriert durch die Orgelbauwerkstätten Kristian Wegscheider (Dresden), Hans van Rossum (Andel/Niederlande) und Gunter Böhme (Dresden). Die Wiederherstellung der Gehäuseornamentik lag in den Händen der Alteliers von Hilke Frach-Renner (Dresden) und Stephan Thürmer (Dresden). Ziel der Restaurierung war es, das Instrument so weit wie möglich im Zustand von 1659 wiederherzustellen.
Die Restaurierungsarbeiten wurden in großzügiger Weise vollständig von der Hermann-Reemtsma-Stiftung Hamburg finanziert.



Die Orgel der Nikolaikirche
wurde 1839-1841 von Carl August Buchholz aus Berlin mit 56 Registern, verteilt auf drei Manuale und Pedal, erbaut. Sie wurde in den Jahren 2003 bis 2006 denkmalsgerecht restauriert durch die Orgelbauwerkstätten
Wegscheider (Dresden) und Klais (Bonn). Die Wiederherstellung des Orgelgehäuses lag in den Händen des Restaurators Wolf-Dieter Thormeyer (Stralsund). Ziel der Restaurierung war die vollständige Rekonstruktion des Zustandes der Orgel zum Zeitpunkt der Fertigstellung durch Buchholz im Jahre 1841. Die Restaurierungsarbeiten wurden hauptsächlich finanziert durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz sowie aus Mitteln der Kirchengemeinde und des Fördervereins St. Nikolai Stralsund.

Die Orgel der Jakobikirche
wurde 1741 von Christian Gottlob Richter aus Stettin erbaut. Die Ausschmückung des Gehäuses stammt vom Stralsunder Bildhauer Michael Müller. Für die Gehäusekonstruktion hat Richter das Gerüstwerk des Hauptwerkes der Vorgängerorgel aus der Zeit um 1580 weiterverwendet. Diese Teile sind heute die ältesten bewahrten Zeugnisse des Orgelbaus in Stralsund.
Richters Instrument wurde 1783 durch ein neues ersetzt, das der Berliner Orgelbauer Ernst Marx unter Verwendung des Gehäuses sowie Teilen der Richter-Orgel schuf. Ein drittes, nun romantisches Orgelwerk erhielt das Gehäuse von 1741 in den Jahren 1870-1877. Der Stralsunder Orgelbauer Friedrich Albert Daniel Mehmel baute hier sein größtes Instrument mit 68 Registern, verteilt auf vier Manuale und Pedal, ein. Auch er verwendete älteren Bestand. Neben dem Gehäuse integrierte er zwei Windladen von Richter, zwei von Marx sowie eine heute unbekannte Zahl von Pfeifen des 18. Jahrhunderts in sein Instrument.
1945 wurde die Orgel fast sämtlicher Metallpfeifen beraubt und darüber hinaus in allen Bereichen schwer beschädigt und zerstört. Der Einbau eines Saales innerhalb der alten Turmhalle führte zum Verlust des Balghauses mit Balganlage. Das zu schwere Orgelwerk von 1877 hatte zudem die barocke Gehäusekonstruktion statisch schwer geschädigt. Im Zuge der Wiederherstellung der Orgel, die 2017 begann und 2020 abgeschlossen werden soll der Orgel, wird das Gehäuse in seiner alten Dimension mit allen Schnitzereien vollständig restauriert und rekonstruiert. Ein neues, dreimanualiges Orgelwerk in Fertigungsweise und Klangästhetik des 18. Jahrhunderts enthält die historischen Windladen von Richter und Marx und wurde um einige Großpedalregister und zugehörige Laden der Mehmel-Orgel ergänzt. So spiegelt das Instrument seine gesamte Geschichte wieder. Der erhaltene Restbestand von Mehmel wurde konserviert und eingelagert. Die Arbeiten wurden von der Orgelbauwerkstatt Kristian Wegscheider (Dresden) ausgeführt. Die Wiederherstellung von Schnitzwerk und Farbfassung des Gehäuses lag in den Händen von Karsten Püschner (Dresden).

 

 

 

Die drei beschriebenen, großen Stadtkirchenorgeln Stralsunds werden innerhalb der Stadtgrenzen ergänzt durch zwei zweimanualige Instrumente von Carl August Buchholz (Heilgeistkirche und Voigdehagen), die jedoch gleichfalls der Restaurierung bedürfen, eine kleine Chororgel von Barnim Grüneberg in St. Marien, die als 1906 gebautes Werk den spätromantischen Baustil dieser bedeutenden Stettiner Werkstatt vertritt, sowie zwei gelungene neue Instrumente: Chororgel in St. Nikolai - A. Schuke (Potsdam); Katholische Kirche - W. Sauer (Frankfurt/Oder). Die Marienkirche verfügt seit 2007 außerdem über zwei Continuo-Instrumente in Chortonhöhe (Kleinorgel und Regal) zur Aufführung barocker Ensemblemusik.

Die einzigartige Orgelsituation in der ehrwürdigen Hansestadt Stralsund eröffnet über die gottesdienstliche Nutzung der Instrumente hinaus besondere Perspektiven für die Pflege der Orgelkunst.
1. Konzertreihen, die die stilgerechte Interpretation der Orgelmusik von Renaissance bis Gegenwart an unterschiedlichen Instrumenten ermöglichen


2. Touristische Nutzung der drei großen historischen Orgeln (Orgelvorführungen, Orgelreisen)

3. Durchführung internationaler Symposien zu Fragen des Orgelbaues und der Orgelmusik

4. Einrichtung eines an allen drei großen historischen Orgeln stattfindenden Internationalen Orgelwettbewerbs.

 

Wilkommen  
  Herzlich Wilkommen auf der Internetpräsenz des Baltischen Orgel Centrums e.V.